Grenzwanderung
 




Gepannte Stille. Eine Gruppe Menschen nähert sich dem Bereich der Grenzsperranlagen in der Nähe von Mustin. Plötzlich fallen Schüsse. Handelt es sich um Republikflüchtlinge, die von den Grenzkommandos entdeckt wurden?

Nein. Es handelt sich um eine Gruppe aus dem Holstenhof - Sozialtherapeutisches Wohnen in Reinfeld und dem Therapie-Theater-Reinfeld auf ihrer Grenzerfahrungstour. Wir befinden uns auch nicht im Jahre 1989 oder früher, sondern im Jahre 2009. Und die durch die Landschaft hallenden Schüsse stammen von Jägern, die im ehemaligen Grenzsperrgebiet auf der Jagd nach Wildschweinen sind.

"Grenzerfahrung" nennen wir unsere Wanderung zum 20. Jahrestag des Mauerfalls. Wir wollen die ehemalige Grenze der DDR und die eigenen körperlichen und seelischen Grenzen erfahren. Und so wie die damals unüberwindlich scheinende Grenze des vergangenen Staates nicht mehr existiert, sollen auch die psychischen und sozialen Grenzen fallen, die unsere Bewohner an einem glücklichen und selbstbestimmten Leben hindern.

Wir starten in Mustin, dort wo die B 208 durch den Grenzzaun unterbrochen gewesen ist. Die erste Etappe führt uns zum Lankower See. Auf diesem Abschnitt kann man im Wesentlichen noch die Schneise des damaligen Grenzsicherungsstreifens erahnen. Von den Sperranlagen, Zaun, Türmen, Kolonnenweg ist jedoch nichts mehr zu sehen. Dort, wo einst der Todesstreifen war, befindet jetzt ein Naturschutzgebiet, dass mit traumhaft schönen Ausblicken beeindruckt.

Vom Lankower See geht es weiter nach Schlagbrügge / Wietingsbek. Auch hier ist die Landschaft nicht wiederzuerkennen. Die Natur hat sich den künstlich freigehaltenen Grenzstreifen längst wiedergeholt. Entlang des Mechower Sees gelangen wir nach Schlagsdorf und besichtigen dort die nachgestellten Grenzbefestigungsanlagen des Grenzhusmuseums. Für die Älteren von uns ist es sofort wieder da. "Meine Güte, weißt Du noch...". Die jüngeren Teilnehmer sind beeindruckt. Aus Erzählungen und von Bildern kannten sie diese Grenze - wir haben uns ja vorbereitet. Dann aber plötzlich leibhaftig vor den perfiden Begrenzungsmitteln zu stehen und zu wissen, dass sich diese tausende Kilometer quer durch Deutschland und Europa hinzogen...

Tief bewegt geht die Wanderung weiter, zum Ratzeburger See und entlang der damaligen Kontrollwege. In Rotenhusen erreichen wir nach neun Stunden Grenzerfahrung endlich wieder "Westdeutschland". Dort wartet ein Kollege mit dem Heimbus und holt uns ab. Diese Reise durch den "nahen Osten" und zurück in die Zeit des geteilten Deutschlands wirkt nicht nur in Form von Muskelkater bei den Teilnehmern nach. Vieles was selbstverständlich erscheint, ist es nicht. Wir haben es am eigenen Leib erfahren...

Impressionen der Grenzwanderung
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Fotos: Udo Reichle-Röber

Zeitungsberichte über unsere Grenzerfahrungstour
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Unser Videofilm zum Thema
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Filmprojekt "Grenzerfahrung"


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